Das Startup retoflow im Interview: Wie ein Simulationstool die Planung zukünftiger Strombedarfe und -verbräuche erleichtert.
Mit der Idee, ein digitales Modell des Stromnetzes zu entwickeln, haben die drei Gründer Leon Thurner, Jannis Kupka und Simon Drauz-Mauel ihr Startup retoflow gegründet. Ihr Ziel: Stromnetzbetreibern ein Planungsinstrument zur Verfügung zu stellen, mit dem sie die zukünftige Kapazität ihrer Netze vorausschauend planen können. Das Besondere an der Idee von retoflow ist die Offenheit der Schnittstellen, die es ermöglicht, Forschungsergebnisse aus der Künstlichen Intelligenz und Heuristiken direkt in das Tool zu integrieren und so die Forschung direkt in die Praxis umzusetzen. Aktuell arbeitet das Unternehmen an der Erweiterung des digitalen Zwillings auf Gas- und Wärmenetze, um die sektorübergreifende Planung von Energiesystemen zu ermöglichen.
Wie entstand die Idee für retoflow?
Die Idee für retoflow entstand während der gemeinsamen Arbeit der Gründer an der Universität Kassel und dem Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE). Die innovative Forschung, an der sie beteiligt waren, benötigte jedoch eine Schnittstelle zur Praxis. Aus diesem Bedarf heraus entstand die Idee für ein professionell entwickeltes und gewartetes Tool, das die Forschungsergebnisse für Unternehmen direkt nutzbar macht.
Welche Anwendungen hat retoflow?
retoflow bietet Simulationstools an, die für verschiedene Anwendungen im Bereich der Energieversorgung genutzt werden können. Dazu gehört unter anderem die Anschlussplanung zur Überprüfung von Anschlussgesuchen sowie die langfristige Optimierung von Netzstrukturen mittels der Zielnetzplanung. Außerdem können Netzbetreiber den Investitionsbedarf in ihre Netze auf Basis von Szenarien mit Hilfe von Netzstudien abschätzen. Das Tool wird bereits von Kunden wie dem Verteilnetzbetreiber Netze BW sowie den Stadtwerken Fürstenfeldbruck und Braunschweig genutzt. Es ermöglicht auch eine einfache Planung von Ladesäulen und die Simulation der Netzentwicklung über einen Zeitraum von 20 Jahren, um die Netzkapazität zukunftssicher zu gestalten.
Was sind die Pläne für zukünftige Produkte?
Neben der Erweiterung auf Gas- und Wärmenetze arbeitet retoflow an der spartenübergreifenden Planung von Energienetzen, wie beispielsweise Strom/Wärme oder Strom/Gas. Ziel ist es, gekoppelte Energiesysteme für die Planer darzustellen und den Netzbetreibern ein Vorschlagssystem für die komplexen Entscheidungen bei der Energienetzplanung zur Verfügung zu stellen.
Welchen Beitrag leistet retoflow zur Energiewende und wie trägt das Startup zur Transformation des Energiesektors bei?
retoflow leistet einen wichtigen Beitrag zur Energiewende, indem es Netzbetreibern ein Planungsinstrument zur Verfügung stellt, mit dem sie die zukünftige Kapazität ihrer Netze vorausschauend planen können. Durch die Simulation des Strom-, Gas- und Wärmenetzes ermöglicht retoflow eine sektorübergreifende Planung von Energiesystemen. Das Ziel des Unternehmens ist es, gekoppelte Energiesysteme für Planer darzustellen und den Netzbetreibern ein Vorschlagssystem für die komplexen Entscheidungen bei der Energienetzplanung zur Verfügung zu stellen. Durch die Optimierung von Netzstrukturen können die Energieverluste minimiert und eine effizientere Nutzung der Energiequellen ermöglicht werden. Somit trägt retoflow dazu bei, die Energiewende zu unterstützen und die Transformation des Energiesektors voranzutreiben.
Was hat die Gründer dazu bewogen, ihre Jobs zu kündigen und zu gründen?
Die Gründer von retoflow, Leon Thurner, Jannis Kupka und Simon Drauz-Mauel, haben in Gesprächen mit Netzbetreibern in Forschungsprojekten den Bedarf nach einem Planungsinstrument wie retoflow erkannt und beschlossen, ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Dabei haben sie von ihrem Netzwerk aus Projekten mit der Universität Kassel und dem Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) profitiert und wurden durch 1,5 Jahre AHEAD-Ausgründungsförderung des Fraunhofer-Instituts unterstützt. Leon und Jannis haben ihre Jobs beim Fraunhofer IEE gekündigt, um sich voll auf die Gründung zu konzentrieren, während Simon zunächst seinen Doktor beenden und dann bei retoflow einsteigen wird. Vor der Gründung hatte Leon Thurner bereits ein einjähriges UNIKAT-Stipendium erhalten, das ihm bei der Auseinandersetzung mit Möglichkeiten des Transfers seiner wissenschaftlichen Themen geholfen hatte und somit ein erster Schritt Richtung Selbstständigkeit war.
Wie groß ist das Team von retoflow und welche Herausforderungen gibt es bei der Suche von neuen Mitarbeiter*innen?
Das Team von retoflow besteht derzeit aus acht Personen, sechs fest angestellten Mitarbeiter*innen und zwei studentischen Mitarbeiter*innen. Eine der Herausforderungen bei der Suche nach Mitarbeiter*innen besteht darin, qualifizierte und motivierte Mitarbeiter*innen in einem umkämpften Arbeitsmarkt zu finden. Um diese Herausforderung zu bewältigen, setzt das Unternehmen auf die enge Zusammenarbeit mit der Universität Kassel, um Kontakt zu talentierten Absolvent*innen herzustellen. Darüber hinaus werden auch Jobportale und Netzwerke genutzt, um geeignete Mitarbeiter*innen zu finden.
Warum ist der Science Park für retoflow ein attraktiver Standort?
Der Science Park bietet für retoflow eine flexible Erweiterungsmöglichkeit, was für ein wachsendes Startup wie retoflow von großem Vorteil ist. Das Unternehmen konnte mit einem Büro beginnen und konnte dann auf zwei und jetzt auf drei erweitern. Die Nähe zur Universität ist für retoflow wichtig, um den Kontakt zu Student*innen und Absolvent*innen zu halten, da der Arbeitsmarkt umkämpft ist und die Suche nach qualifizierten und motivierten Mitarbeiter*innen eine Herausforderung darstellt. Darüber hinaus bietet der Science Park ein starkes Netzwerk, insbesondere mit dem House of Energy und anderen Startups, was für die Unterstützung und Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen hilfreich ist.