
Gastbeitrag von Anja Pawliczek
Anja Pawliczek ist Mitarbeiterin der Öffentlichkeitsarbeit des Science Parks. Sie arbeitet außerdem als Illustratorin und Grafikdesignerin, unter anderem auch in Kassels Musikszene.
KI ist voller Möglichkeiten und vereinfacht und unterstützt an so vielen Stellen Arbeitsprozesse. Viele dieser Potentiale werden bereits gesehen und genutzt, jedoch ist es wichtig auch einen kritischen Blick darauf zu werfen. Denn es bedeutet leider nicht für jede Branche eine Lösung all ihrer Probleme, sondern wirft genauso einige Fragen auf.
Zurzeit findet generative KI ihren Weg über ChatGPT, Musikgeneratoren und verschiedenste Bildbearbeitungsapps in unseren Alltag und das Arbeitsleben. In der Kreativ- und Kulturbranche stößt dies verständlicherweise nicht ausschließlich auf Freude, sondern auch auf einige Skepsis und Unsicherheit.
Statt zu unterstützen, kann KI inzwischen scheinbar ganze Teile von kreativer Arbeit übernehmen. Für das Cover des letzten Science Park Magazins (Ausgabe 6) hätte es noch vor einigen Monaten eine*n Illustrator*in gebraucht, für die Fotos im Artikel von dHive in Ausgabe 6 Grafiker*innen und Fotograf*innen. Kein Wunder, dass dadurch viele aus der Kreativbranche Angst um ihre bisherigen Auftragslagen haben. Die Sicht auf ihre Arbeit und Notwendigkeit verändern sich grundlegend, wenn jede Privatperson mit generativer KI offenbar einfach das abrufen kann, was vorher ein gesamter Berufsstand erzeugt hat.
Generative KI kann jedoch gleichzeitig nie wirklich kreativ sein. Die generierten Inhalte speisen sich aus Datenbanken, die mit menschengemachten Bildern, Fotos und Musikstücken gefüllt werden. Das KI-Training besteht bei Meta zum Beispiel bereits aus den Inhalten ihrer Nutzer*innen. Was macht man also, wenn eine Anfrage bei einem Bildgenerator so aussieht: „Generiere mir ein Bild von einer Blumenvase im Stile von [Künstler*in/Fotograf*in].“? Diese Aufträge wären vorher an die entsprechenden Künstler*innen gegangen. Gleichzeitig bedeutet das, dass das generierte Bild aus Originalen aus der Datenbank erstellt wird und das Ergebnis im besten beziehungsweise schlimmsten Fall ebenso für ein Original gehalten werden kann. Kann dieses generierte Bild in dem Fall weiterhin als „Kunst“ betitelt werden oder handelt es sich schlicht und einfach um ein Plagiat? Ähnliche Fragen stellen sich auch in der Musikbranche.
Um auf diese ungeklärten Fragen aufmerksam zu machen, protestieren bereits viele Künstler*innen und Designer*innen gegen “KI-Kunst“ und boykottieren Plattformen, gegen die bereits Plagiatsvorwürfe erhoben wurden. Alternative Social-Media-Plattformen werden gesucht, um die eigene Kunst zu präsentieren. Das Problem liegt dort aber darin, dass die meisten Kund*innen eben (noch) nicht auf diesen Nischen-Plattformen unterwegs sind und ein beträchtlicher Teil der Aufträge und Anfragen bisher durch die Präsenz auf gängigen Social-Media-Plattformen entstanden sind.
Nachdem vor allem Musiker*innen und Kulturveranstaltungen durch die Coronapandemie bereits beträchtlich gelitten haben, wäre es ein großer Verlust, wenn nun noch mehr Menschen aufhören in diesem Bereich zu arbeiten. Kreative Erzeugnisse wie Musik, Fotos, Illustrationen und Grafikdesign sind für uns alle so alltäglich geworden, dass wir sie oft als Selbstverständlichkeit betrachten. Doch hinter jeder einzelnen Illustration und hinter jedem Ton Musik steht mindestens eine kreative Person. Erst wenn all dies fehlt, würde uns auffallen, wie viel von unserem Alltag auf diesen Erzeugnissen aufgebaut ist.
Es gibt also beim Thema KI noch einige offene Fragen, die dringend einer schnellen Antwort bedürfen, damit sich die Befürchtungen von berufsschädigender KI in manchen Branchen nicht bewahrheiten. Für Start-ups kann dies aber durchaus eine gute Nachricht sein, denn wo ein Problem ist, dort sind auch innovative Lösungen gefragt. Vielleicht nutzt ein junges Unternehmen ja die Gelegenheit und findet (Teil-)Antworten auf diese Fragen und hilft damit einer gesamten Branche, denn ein Bewusstsein sowie Lösung für dieses Problem wird immer notwendiger.